Samstag, 30. April 2022

Walpurgisnacht Last Minute

Nach zwei langen Jahren ist es endlich wieder so weit: Die Hexen versammeln sich zum Flug in die Walpurgisnacht!




 

Die Wurzeln der Walpurgisfeier liegen weit in vorchristlicher Zeit und gehen auf germanische Ursprünge zurück. Diese „Ureinwohner“ des Harzes sollen an diesem Tag ein mit diversen Opfern einhergehendes Frühlingsfest als Freude über das Ende des Winters sowie die Hochzeit des obersten Germanengottes Wotan gefeiert haben. Dabei wurden auch böse Geister vertrieben, was durch Verkleidungen mit Masken und Feuer geschehen sollte. Unklar ist allerdings, ob die Altvorderen diese Rituale auch auf dem Brocken – dem legendären Zentrum der Walpurgishandlungen – abhielten. Im Rahmen der Christianisierung vor etwas mehr als 1.000 Jahren wurden Namen und Inhalt dieses heidnischen Spektakels der neuen Zeit angepasst.

 

Hier mal ein paar Ausflugstipps auf die Schnelle!




Walpurgis in Bad Grund: Nach zwei Jahren Pause steigt am 29. und 30. April endlich wieder eine der traditionsreichsten Walpurgisfeiern im Harz: In Bad Grund sind unter anderem die beliebte Kinderwalpurgis (Samstag 15 Uhr) auf dem Marktplatz sowie das Open-Air-Theater „Der Wilddieb vom Violenberg“ (21.30 Uhr) am Hübichenstein geplant. Außerdem gibt es ganz viel Live-Musik an beiden Abenden. Details und Hintergründe in unserem Artikel.

Walpurgis in Bad Lauterberg: Die Walpurgis-Nacht im Kurpark beginnt am 30. April um 18 Uhr. Mystische Theatereinlagen sorgen zwischendurch für Unterhaltung. Außerdem gibt es an dem Abend ein großes Laser-Feuerwerk. Und die Coverband „Second Pitcher“ spielt. Für Kinder gibt es magische Angebote. Es wird Eintritt erhoben, „Hexen“ und „Teufel“ können kostenfrei teilnehmen.

Walpurgis in Bad Sachsa: Bei der Märchen-Walpurgis in Bad Sachsa trifft Märchenwelt auf Teufelsbrut. Denn am 30. April ab 15 Uhr verwandelt sich der Vitalpark in einen „Kessel der Fabelwesen“. Geplant ist ein großes Kinderprogramm und um 19.30 Uhr startet der ausgelassene Partyabend mit Live-Musik. Kinder unter 14 Jahren haben freien Eintritt. Details in unserem Artikel.

Walpurgis in Goslar: In Goslar verwandelt sich der Marktplatz am 30. April ab 13 Uhr in einen mystischen Hexenwald. Bei freiem Eintritt wird zu Live-Musik teuflisch gut gefeiert. Passende Accessoires für Hexen und Teufel können gekauft werden.

Walpurgis in Hahnenklee: In Hahnenklee-Bockswiese im Oberharz legen die Macher besonderen Wert auf eine traditionell ausgerichtete Veranstaltung. Der Kurpark erstrahlt im Lichterglanz, skurrile Gestalten tummeln sich und über der atemberaubenden Kulisse des Kranicher Teiches erstrahlt ein prächtiges Höhenfeuerwerk. Noch gibt es Karten für das Fest.

Walpurgis in Halberstadt: Auf der Festwiese Wehrstedter Hof gibt es ab 18 Uhr bei freiem Eintritt ein Walpurgisfeuer mit anschließendem Tanz in den Mai.

Walpurgis in St. Andreasberg: Am 29. April um 18.30 Uhr werden bei der „Hexenlicht“-Erlebniswanderung die geheimen Wege der Bergstadt erkundet. Und um 20 Uhr lädt das Nationalparkhaus in Andreasberg dann zur Sagen- und Mythenwanderung ein. Beide Wanderungen sind kostenpflichtig. Am 30. April startet um 13 Uhr die Walpurgis für Kids im Kurpark und um 15 sowie 23 Uhr gibt es zwei thematische Theaterstücke.

Walpurgis in Thale: Ab 29. April steigt in Thale die wohl größte Walpurgisveranstaltung im Harz. Die Veranstalter versprechen ein Walpurgis-Spektakel: In der Innenstadt sind ein Walpurgismarkt und ein abwechslungsreiches Bühnenprogramm geplant. Und im Kurpark gibt es einen Mittelalter- und Kreativmarkt. Los geht’s am Freitag um 15 Uhr. Der Walpurgisnacht auf dem Hexentanzplatz muss wegen Bauarbeiten abgesagt werden.

Walpurgis in Schierke: Auch bei der Original-Walpurgis in Schierke am Brocken treiben die Hexen und Teufel wieder ihr Unwesen. Angekündigt sind ereignisreiche Tage voller Mystik und mittelalterlicher Klänge: Es gibt einen Mittelalter-Erlebnismarkt und Musik bekannter Bands aus der Folk­szene. Start ist am Freitagabend, am 30. April dann ab 11 Uhr. Am Samstagabend sind ein Walpurgisfeuer, eine Partybühne und zum Abschluss eine Pyro- und Lasershow geplant. Tickets unter anderem bei Reservix.

Walpurgis in Wernigerode: Das Rathaus in Wernigerode erstürmen die Hexen und Teufel am 30. April ab 13.30 Uhr. Eine tolle Gelegenheit für Fotos und Selfies.




Walpurgis in Altenau: Das Altenauer Kurgastzentrum wird am 30. April zum Hexenkessel: 17 Uhr Kinderprogramm mit Umzug und Hexenbesenführerschein, ab 20 Uhr dann Musik und Tanz bei der zünftigen Walpurgisparty mit der Mittelalterband „Schabernack“ und ab Mitternacht dem Auftritt des Oberteufels mit der berühmten Teufelsansprache und der Maikönigin, anschließend: Begrüßungsfeuerwerk.

Walpurgis in Hohegeiß: Am letzten Tag des Aprils sind auch im schönen Bergdorf Hohegeiß die (kleinen) Hexen und Teufel los. Mädchen und Jungen treffen sich um 13 Uhr an der Tourist-Info zum Schminken. Um 16 Uhr startet dann der große Umzug durch den Ort und zum Schützenplatz.

Walpurgis in Herrmannsacker: Bei der Kinderwalpurgis auf der Ebersburg können die kleinen Gäste am 30. April ab 14 Uhr „Zauberstockbrot“ backen und dazu einen Zaubertrank genießen. Daneben gibt es Bratwurst, Kuchen und Kaffee für den guten Zweck. Außerdem werden Geschichten vorgelesen und ein Kostümwettbewerb ist auch geplant.

Walpurgis in Oberharz am Brocken: Ebenfalls am 30. April erwartet die kleinen Hexen und Zauberer ein „verhextes Highlight“ in der Baumannshöhle: die Hexenlesung im Goethesaal. Zusätzlich gibt es von 14 bis 16 Uhr im Foyer eine Mal- und Bastelstraße, eine Hexenbesen-Werkstatt sowie eine Button-Produktion. Tickets unter www.harzer-hoehlen.de.

(Quelle: https://www.harzkurier.de/)

 

Für alle, die zu Hause bleiben müssen gibt es hier eine spannende Geschichte für heute Nacht.




Die schwarze Katze

Um schwarze Katzen ranken sich unzählige unheimliche Geschichten. Aberglauben, meinen Sie? Nun, die kleine Stadt, deren Namen ich nicht nennen möchte, wimmelt geradezu von abergläubischen Menschen.

Jochens Augen waren voller Furcht, als er zu dem Haus am Ende der Straße hinübersah. Noch niemals war er dem alten Gemäuer so nahe gekommen.

„Hier wohnt sie also, die Hexe“, wisperte er seinem Freund Ralf zu. Der nickte.

 „Sie hat eine schwarze Katze, und nachts tanzt sie um das Feuer.“

„Dort sollen sogar schon Kinder verschwunden sein“, flüsterte Ralf zurück.

 „Woher wisst ihr das?“ Mark blickte seine Freunde argwöhnisch an. „Das sind doch Ammenmärchen!“

„Pst“, zischte Jochen verärgert. „Du bist fremd und weißt gar nichts. Willst du, dass sie uns hört und herauskommt?“

Es stimmte, Mark war erst vor wenigen Tagen aus Berlin hergezogen. Dank der Schule hatte er schnell Anschluss gefunden, wenn er auch die Leute im Ort ein wenig seltsam fand. Vor allem diese Geschichte mit der angeblichen Hexe war ihm mehr als suspekt.

„Wollen wir nicht lieber Fußball spielen? Bis zum Abendbrot ist noch etwas Zeit,“ lenkte er ab. Johlend entfernten sich die Zehnjährigen in die entgegengesetzte Richtung.

 „Ich hole den Ball!“, schrie Ralf. Für den Augenblick war das alte Haus mit seiner unheimlichen Bewohnerin vergessen.

„Ihr wart doch nicht dort oben bei der Alten, oder?“, wurde Jochen von seinem Vater am Tisch empfangen.

„Nein, ganz bestimmt nicht, Papa“, versicherte der eine Spur zu schnell. Stirnrunzelnd schaute Herr Jansen seinen Sprössling an.

„Du weißt, dass es gefährlich ist. Damals ist dort ein Junge verschwunden. Also haltet euch fern.“

„Aber Heinrich, das ist doch nie aufgeklärt worden …“, warf seine Frau zaghaft ein.

„Martha, es gehen seltsame Dinge vor sich. Neulich erst ist mir dieses schwarze Katzenvieh direkt vor die Füße gelaufen. Es kam von links! Kurz darauf hatte ich einen platten Reifen. Am nächsten Morgen habe ich mich mit dem Kaffee verbrüht und mir dabei den neuen Anzug ruiniert.“

„Und das alles wegen der Katze“, schmunzelte Martha. Heinrichs Faust donnerte auf den Tisch.

„Ich verbiete euch, dort hinzugehen! Basta!“

„Ich bin morgen bei Frau Wummer zum Kaffee eingeladen“, lenkte seine Frau ab.

„Oh cool, das ist doch die Mutter von Mark!“, rief Jochen begeistert. Wohlwollend schaute Heinrich über seinen Brillenrand.

„Das scheint eine sehr nette Familie zu sein. Soweit ich weiß hat Mark noch ein kleines Schwesterchen. Dann mal viel Spaß da!“

 

Bei Wummers waren noch andere Frauen aus der Nachbarschaft eingeladen, unter ihnen auch Ilona, Ralfs Mutter, mit der Martha seit langem eng befreundet war.

„Hazel, du wohnst ja hier recht hübsch, aber mir wäre es doch zu nah am Hexenhaus. Pass nur gut auf dein Töchterchen auf!“, sagte sie gerade. Die gebürtige Engländerin lachte und gab der kleinen Jenny noch einen Schokokeks.

„Eine echte Hexe, oh wie interessant! Möchte noch einer Kaffee?“ Unbekümmert reichte sie die Kanne herum und brachte das Gespräch schnell wieder in andere Bahnen. Es ging um Schule, Erziehung, Kochrezepte und diverse andere Themen.

„Ach Jenny, du hast dich ja eingesaut, du kleines Ferkel!“

Niemand hatte auf das blonde Lockenköpfchen geachtet. Nicht nur im Gesicht sondern auch auf dem geblümten Kleid und der Tischdecke hatten Sahnetorte und Schokokekse deutliche Spuren hinterlassen.

„Mutti, das macht doch nix, das waschen wir wieder.“ Zärtlich fuhren die Schokohände der Vierjährigen durch das Haar ihrer Mutter. Unter Gelächter und mit guten Ratschlägen fand der Kaffeeklatsch seinen Abschluss.

 

Zur gleichen Zeit beschlossen die drei Jungs, die Hexe mal aus dem Haus zu locken, da Mark sie unbedingt sehen wollte.

„Sicher ist sie alt und hässlich. Mit einer dicken Warze auf der Nase“, kicherte Ralf.

„Ja, und mit einem schwarzen Umhang und einem Zauberstab“, ergänzte Jochen.

„Quatsch, sie ist doch nicht Gandalf, der Magier“, lachte Mark.

„Wirst schon sehen! Aber wie machen wir das jetzt?“

„Wir müssen dichter ran und werfen dann Steine gegen ihr Fenster!“

„Ich habe eine Zwille dabei!“ Auf Zehenspitzen schlichen sie sich im Schutz der Bäume an. Da öffnete sich die Tür. Vor Schreck stolperten die drei Freunde übereinander und küselten über den Boden.

„Mensch, die ist ja gar nicht alt und …“

„Komm endlich!“ Ralf und Mark hatten bereits das Weite gesucht. Jochen rappelte sich auf und sah direkt in die Augen der Hexe.

Er war wie erstarrt, obwohl er doch eigentlich davonlaufen sollte.

„Hast du dir wehgetan?“ Die Hexe half ihm vorsichtig auf. Eine sanfte Stimme, smaragdgrüne Augen und kurzes dunkles Haar. Sie war jung und hübsch. Jochen sah sie zweifelnd an, als könne sie sich doch noch in eine alte Frau oder etwas anderes verwandeln.

„Komm mit, ich möchte dein Knie drinnen verarzten. Hab keine Angst, ich werde nicht plötzlich eine andere Gestalt annehmen.“

Ihr Lachen war glockenhell. Konnte sie etwa Gedanken lesen? Erst jetzt sah der Junge, dass sein Knie stark blutete. Mit gemischten Gefühlen folgte er der Hexe in ihr Haus.




„Was machen wir denn jetzt? Er geht tatsächlich mit der mit!“ Verzweifelt sah Ralf seinen neuen Freund an. Mark zuckte ratlos mit den Schultern. Auch ihm saß der Schrecken noch in allen Gliedern.

„Wir warten, bis er wieder raus kommt.“

„WENN er wieder rauskommt.“ Verzagt ließ sein Kumpel den Kopf hängen.

 

Inzwischen hatte die Hexe drinnen Jochens Knie verarztet.

„Was ist das für eine Salbe?“, erkundigte der sich argwöhnisch.

„Krötenfett, Schneckenschleim und noch ein paar geheime Zutaten, die ich dir leider nicht verraten kann.“ Sie beugte sich dicht an sein Ohr und flüsterte: „Berufsgeheimnis.“

„Bist du eine … eine …“

„Eine Hexe? Finde es selbst heraus!“ Prüfend wanderte sein Blick durch die Küche, die eigentlich ganz normal aussah. Naja, bis auf den großen altmodischen Kessel über der Feuerstelle, die vielen Kräuter, die überall zum Trocknen hingen und ein Regal mit seltsamen Flaschen und Behältern. Aber weder Hexenbesen noch Zauberstab konnte er entdecken. Die junge Frau war ganz normal gekleidet: Jeans und weißes Shirt.

„Übrigens heiße ich Laura.“ Wieder ertönte ihr helles Lachen. Der unfreiwillige Gast merkte, dass er rot anlief.

„Ich bin Jochen“, stotterte er.

„Klar!“ Die grünen Augen blitzten. „Möchtest du einen Kakao oder einen Tee?“ Er glaubte fast, ein Schnurren in ihrer Stimme zu hören.

„Wo ist deine Katze?“

„Welche Katze? Ach so, die. Na sie kommt und geht, keine Ahnung, wo sie grad ist. Also, doch lieber Kakao?“ Lauernd sah sie ihn an. Sie sieht selbst aus wie eine Katze, dachte der Junge.

„Danke, aber ich muss los. Meine Freunde warten auf mich.“

Laura nickte.

 „Vielleicht nächstes Mal. Bring doch Ralf und Mark einfach mit.“

Nichts wie raus hier! Woher wusste die die Namen seiner Freunde? Und schon rannte er los.

Draußen war die Erleichterung groß.

„Mensch, du lebst!“

„Erzähl mal!“

„Wie sieht es bei der aus?“

„Du hast hoffentlich nichts gegessen!“ Und Jochen erzählte - natürlich nur das Gute. Laura war wunderschön und hatte sein Knie verarztet, ihm dann auch etwas zu trinken angeboten. Nein, einen Zauberstab hatte sie wohl nicht, auch keinen Hexenbesen. Aber nächstes Mal sollte er seine Freunde mitbringen.

„Ja klar, dann hat sie uns alle drei auf einen Streich“, sagte Ralf.

„Ist sie denn nun eine Hexe?“, erkundigte sich Mark.

„Woher soll ich das wissen?“ Jochen zuckte die Schultern.

„Wenn deine Wunde morgen verheilt ist, dann hat sie Hexenkräfte“, entschied Ralf.

„Genau! Wir dürfen zu Hause aber nicht erzählen, wo wir waren!“, warnte Jochen.

Auf dem Weg kreuzte die schwarze Katze ihren Weg. Sie machte einen Buckel und fauchte. Jochen nahm einen Stein auf und warf ihn nach dem Tier.

„Ich glaube, du hast sie getroffen“, meinte Ralf zufrieden.

„Hoffentlich nicht. Wie könnt ihr nur so gemein sein?“ Der eigentlich weichherzige und tierliebe Mark wunderte sich einmal mehr über das Verhalten seiner Kameraden.

 

Am nächsten Morgen war Jochens Knie vollkommen in Ordnung, nicht einmal Schorf hatte sich gebildet.

„Also ist Laura doch eine Hexe“, murmelte er. Nach der Schule beratschlagten sie eifrig.

„Wir müssen sie von hier vertreiben!“

„Sollen wir nicht erst nochmal am Haus vorbeischauen?“ Mark war trotz aller Beweise unsicher. Das konnte nicht verkehrt sein, also stimmten alle zu. Allerdings war wie immer Vorsicht geboten. Im Vorgarten sahen sie Laura beim Himbeeren pflücken - sie humpelte leicht. Jochen zog die anderen zur Seite und erzählte von seinem Verdacht:

„Auf ihrem Grundstück und im Haus ist sie ein Mensch und draußen auf der Straße eine Katze. Seht selbst, gestern habe ich sie mit dem Stein verletzt, und heute humpelt sie.“

Mark sah ihn noch immer zweifelnd an. „Sollen wir das nicht lieber erst unseren Eltern erzählen?“

Jochen schüttelte den Kopf.

„Dann bekommen wir tierischen Ärger. Wir dürfen ja nicht mal in die Nähe des Hexenhauses. Nein! Das erledigen wir selbst!“

Nun wurde ein Schlachtplan entworfen.

Und am nächsten Morgen schwänzten die drei Helden die Schule, um ihr finsteres Vorhaben in die Tat umzusetzen. Diesmal kamen sie von hinten um das Haus herum und kletterten über den Holzzaun. Jochens Hände zitterten leicht, als er die mitgebrachte Stoffbluse, die in einer Dose steckte, anzündete - er verbrauchte drei Streichhölzer dafür - und durch ein offenstehendes Fenster in ein Zimmer an der Rückseite des Hauses warf. Synthetik fängt bekanntlich schnell Feuer, und schreiend wälzte sich der Junge kurz darauf am Boden. Er hatte sich die Hand verbrannt. Doch auch die Gardinen standen inzwischen lichterloh in Flammen. Plötzlich wurden Stimmen laut. Die Jungen standen unschlüssig herum. Sollten sie ihren Kameraden einfach wieder einmal zurücklassen? Dann ging alles ganz schnell. Wasser spritzte durch das Fenster, und noch schwelende, leicht verkohlte Vorhänge flogen in den Garten.

Eine Frauenstimme überschlug sich:

„Was ist denn hier los?!“

Eine schwarze Katze zischte miauend an ihnen vorbei über den Zaun, und ein kleines Mädchen rannte jauchzend mit ausgebreiteten Armen auf Mark zu.

„Jenny!“

„Drinnen ist ein Feuer, das riecht so gut! Aber ich musste raus!“, berichtete sie mit glänzenden Augen.

„Mark! Was tut ihr denn hier?“ Streng klang die Stimme seiner Mutter. Nun füllte sich der Garten langsam mit Frauen.

„Ralf, habt ihr etwas mit dem Feuer zu tun?“ Drohend kam Ilona auf ihn zu. Martha beugte sich über Jochen und rief um Hilfe. Jetzt erschien auch Laura, die die Flammen endgültig gelöscht hatte. Zum Glück hatte Merlin, der Kater, den Brand sofort bemerkt und sie darauf aufmerksam gemacht. So konnte größerer Schaden verhindert werden.

„Aber, wir wollten doch nur …“, stammelte Ralf hilflos. Während Laura ein Pulver auf Jochens Brandblasen gab, erstatteten die anderen kleinlaut Bericht.

„Wie könnt ihr nur so dumm sein und so unverantwortlich handeln?!“, fragte Ilona kopfschüttelnd. „Wir hätten alle verbrennen können!“

„Ganz unschuldig seid ihr ja nicht“, stellte Hazel fest. „Was erzählt ihr euren Kindern auch solche Geschichten - von wegen Hexe und so!“ Beschämt senkten die Nachbarinnen den Blick.

„Aber wir konnten doch nicht wissen, dass ihr … wieso seid ihr eigentlich alle hier?“, fragte Mark kleinlaut.

„Von dir hätte ich eigentlich mehr Herz und Verstand erwartet, Mark, ich bin sehr enttäuscht“, sagte seine Mutter ernst. „Laura hat uns alle zu Kaffee und Kuchen eingeladen, damit endlich diese blöden Gerüchte aufhören. Und dann kommt ihr daher und fackelt ihr beinahe das Haus über dem Kopf ab! Solltet ihr nicht stattdessen in der Schule sein und lernen?“

„Tja, Jochen, hoffen wir, dass die Hand ebenso schnell wie dein Knie heilt“, schmunzelte Laura und setzte nur für ihn hörbar hinzu:

„Wäre es die linke gewesen, mit der du das Feuer gelegt hast, so würde ich gewiss für ein lebenslanges Andenken sorgen. So aber - na, wir werden sehen …“

Dem Jungen lief ein Schauder über den Rücken. Woher wusste die Hexe, dass er Linkshänder war? Es war und blieb rätselhaft und unheimlich. Am Ende waren sich alle im Ort einig, dass Laura doch eine wunderbare Nachbarin war, der man großes Unrecht getan hatte - alle bis auf Jochen, der da so seine Zweifel hatte.

(Aus dem Buch UNHEIMLICHE GESCHICHTEN)

Taschenbuch

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 ©byChristine Erdic