Dienstag, 28. Mai 2019

Die türkische Ägäisküste – oder die Harmonie des Lichts


Die türkische Ägäisküste ist, abgesehen von Reisezielen wie Bodrum, Kuşadası und Marmaris, in Deutschland weitaus weniger bekannt als die türkische Mittelmeerküste, die schon lange eine Hochburg des internationalen Tourismus ist. Wer jedoch einen individuellen Urlaub abseits der All-Inklusive-Hotels bevorzugt, der ist an der nördlichen Ägäis genau richtig. 


Hier merkt man, dass man sich im Morgenland befindet. Traumhafte Landschaften, türkisfarbenes Meer und ein unvergleichlich blauer Himmel – ein Lichterspiel der Harmonie.


Izmir, Metropole zwischen Moderne und Tradition


Die 4 Millionenmetropole Izmir lockt mit ihrem bunten Basar Kemeraltı, und modernen Einkaufszentren. Hier verbinden sich Geschichte, Tradition und Moderne. Freundlichen, aufgeschlossenen und hilfsbereiten Menschen begegnet man überall. Die Perle der Ägäis bietet ein orientalisches Flair mit lockerem und tolerantem Lebensstil. Mit seiner 8500 Jahre alten Geschichte ist sie eine der ältesten noch bewohnten Städte der Welt.


 Was man sich nicht entgehen lassen sollte



Den Uhrturm im Stadtzentrum Konak, der zugleich Wahrzeichen der Metropole ist, und der Stadt Izmir im Jahr 1901 von Abdülhamid II., anlässlich des 25. Jahrestags seiner Krönung,gestiftet  wurde. Übrigens ist die Turmuhr ein Geschenk des deutschen Kaiser Wilhelm II.


Einen Bummel über den Basar Kemeraltı. Hier befindet sich ein wahres Einkaufsparadies für Kleidung, Kräuter, Schmuck, Gold, Souvenirs und Hausrat aller Art. 



Dönerbuden, kleine Fischrestaurants mit schmackhaftem Calamari und Stände mit frisch gepresstem Saft sorgen für das leibliche Wohl. Empfehlenswert  sind auch die mit Reis gefüllten Muscheln, die in den hinteren Gassen Richtung Karawanserei angeboten werden.


In der Kızlarağası Hanı-Karawanserei  fühlt man sich in osmanische Zeiten zurückversetzt. Im Jahre 1744 erbaut, beherbergt sie heute kleine Läden mit allerlei Kunsthandwerk, Lederwaren, Souvenirs, Silberschmuck und Teppichen. Im oberen Stockwerk befinden sich kleine Werkstätten. In der Mitte lädt ein großer Platz zum Verweilen ein. Wie wäre es mit einem çay -türkischen Tee, einem kahve – türkischen Mokka oder  einer leckeren hausgemachten Limonade? Wer einen Cappuccino oder Kaffee Latte bevorzugt, ist in einer Seitengasse gut aufgehoben, wo sich im orientalischen Stil ein Café an das andere reiht.



Asonsör – Hıstorischer Aufzug: Der im Jahre 1907 erbaute  historische Aufzug verbindet die Straße Mithatpaşa Caddesi und das Viertel Halil Rifat Paşa miteinander. Vom Restaurant aus hat man einen unvergleichlichen Blick über Izmir und die Bucht. Die Häuser in der Dario Moreno-Straße verleihen dem Viertel ein besonderes Flair.




Eine Schifffahrt von Konak quer über die Bucht von Izmir nach Karşıyaka oder Bostanlı.


Einkaufen und Rasten in Mavibahçe. Dieses Einkaufszentrum ist eines der größten in Izmir und besticht mit einem liebevoll angelegten Innenpark, der von kleinen Restaurants gesäumt ist.

Die Agora
In der Antike fanden hier politische Versammlungen statt und das Volk tätigte seine Einkäufe. Die Agora von Izmir, die aus der Zeit der Römer stammt, gilt als die größte Agora.


Ausflugsziele ab Izmir




Ephesus


Einst war sie eine große und reiche Handelsstadt, heute lassen nur noch die Ruinen ihre ehemalige Größe erahnen. Gut eine Autorstunde von Izmir entfernt und nahe Selçuk liegt die antike Stadt Ephesus. Der Artemistempel gehörte zu den Sieben Weltwundern. Ephesus ist eine der am besten erhaltenen Siedlungen der Antike. Sehenswert sind vor allem das Große Theater, die Marienkirche, die Celsus-Bibliothek, die Hanghäuser, der Hadriantempel und das Odeion, ein antikes Theatergebäude.


 Ein Touristenmagnet sind die vielen Katzen, die in den Ruinen der einst so mächtigen Stadt leben. Diese wurden von  Ausgrabungsteams dorthin gebracht, damit sie das Gelände vor kleineren Nagetieren beschützen! Im Archäologischen Museum in Selçuk kann man unter anderem Statuen der Artemis bewundern.






Meryem Ana – Das Haus der Mutter Maria
Das Haus der Mutter Maria in der Nähe von Selçuk ist eine der meistbesuchten Pilgerstätten der Türkei, sowohl für Christen als auch Moslems.
Hier soll Maria, die Mutter von Jesus, bis zu ihrem Tod gelebt haben. Das kleine Haus aus Stein ist heute eine liebevoll geschmückte Kapelle, die sogar schon von drei Päpsten beehrt wurde.
Dem Quellwasser aus den Brunnen neben dem Haus sagt man eine große  Heilwirkung nach.
Eine in der Türkei weit verbreitete Tradition ist es, seine Wünsche auf ein Band, Tuch oder Papier zu schreiben und an Bäumen oder Wänden zu befestigen. So sieht man auch hier eine bunt geschmückte Wand, die eigens für diesen Zweck eingerichtet wurde.



Weindorf Şirince




Hoch in den Bergen über Selçuk liegt das alte Weindorf Şirince. Einst war es griechisch, die alten Häuser sind noch erhalten bzw. werden liebevoll restauriert. Ein Weinladen reiht sich hier an den anderen, dazwischen urige kleine Restaurants und Souvenirshops. Wir machen unsere Weinprobe stets bei Mustafa, er bietet nebst köstlichem Granatapfel- Pfirsich- und Brombeerwein auch einen hervorragenden Glühwein an.


Çeşme


Çeşme bedeutet Brunnen, und tatsächlich fallen die vielen Brunnen ins Auge. Der kleine Luft- und Badekurort, ca 80 Kilometer westlich von Izmir,  erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Die nahegelegenen feinen, fast weißen Sandstrände Pırlanta, Altınkum und Ilıca geben dem Badegast eine Art Karibik- Feeling. 


In Ilıca und Şifne schießen bis zu 60 Grad warme Thermalwasserquellen direkt aus dem Meeresboden in das glasklare türkisfarbene Wasser. Das ganze Jahr über kommen Rheumapatienten, Menschen mit Stoffwechsel- und Hauterkrankungen wie Schuppenflechte oder Asthmakranke nach Cesme. Eine Kombination aus Thermal-, Thalasso-, Luft- und Schlammtherapien bietet gute Heilchancen. Solche Therapien gibt es u.a. in den Hotels Altınyunus, Sheraton Resort & Spa, Radisson SAS Resort & Spa Cesme und im Club Hotel Ilica. 
Eine stetige kühle Brise sorgt auch in den heißen Monaten für Abkühlung. Windgeschützt liegt dagegen der kleine Stadtstrand Tekke. Wer hier badet kann gegen 17 Uhr die mit Musik in den Hafen einfahrenden Ausflugsschiffe beobachten.
Auf jeden Fall sollte man die alte Burg von Çeşme, die aus genuesischer Zeit stammt,  besichtigen. Von hier hat man einen großartigen Panorama-Blick über die Stadt und auf die Bucht, Die nahegelegene ehemalige Karawanserei aus dem 16. Jahrhundert ist heute ein stilvolles Hotel. Der Jachthafen Marina bietet dem Urlauber exklusive kulinarische Genüsse. Wer es günstiger und preiswerter mag, der besucht eines der Fischrestaurants an der Uferpromenade oder speist in der kleinen Einkaufsstraße. Hier findet man auch landestypische Souvenirs.



Alaçatı


Alaçatı gilt aufgrund der günstigen Windverhältnisse als internationales Surfer-Paradies.
Das ehemals griechische Dorf mit seinen stilvollen Butik-Hotels ist heute überteuert aber durchaus sehenswert. Auch die neuen Häuser im Ortskern werden im traditionellen Alaçatı-Baustil errichtet  Der einst so beschauliche Ort erfreut sich ganzjährig eines gewaltigen Besucherbooms an aus- und inländischen Touristen. Er ist auch Anziehungspunkt für Intellektuelle, Künstler, Geschäftsleute und Filmschauspieler. Man sollte aber trotz erhöhter Preise zumindest einmal einen Kaffee im Köşe Kahve oder einen türkischen Tee auf einem der schattigen Hinterhöfe getrunken haben.


Richtige Schnäppchen kann man übrigens samstags auf dem großen Kleidermarkt von Alaçatı machen. Und der angegliederte Obst- und Gemüsemarkt ist einfach überwältigend mit seinem breitgefächerten  Angebot. Im April findet das alljährliche ot festival, das Kräuterfest statt. Hier wird alles Mögliche an Essbarem angeboten bis hin zu selbstgemachter Marmelade aus Obst oder Gemüse. Natürlich gibt es ein abwechslungsreiches Programm zur Unterhaltung. An diesen 3 Tagen schiebt sich eine bunte Menschenmasse durch die engen Gassen.



Foça


Wer es ruhiger und besinnlicher mag, der ist in Foça richtig. Der kleine, malerische Fischerort liegt 60 km nördlich von Izmir und 50 km von Bergama - Pergamon entfernt. Mit seinem kleinen Jachthafen, der Strandpromenade mit den kleinen Restaurants und seiner genuesischen Burg zieht er vor allem auch einheimische Touristen an. Die Gassen mit ihren typischen Häusern aus Sandsteinquadern und roten Dächern stehen inzwischen unter Denkmalschutz. Kleine Buchten mit klarem kühlem Wasser laden zum Baden ein. Mit Ausflugsschiffen geht es hinaus, um die vom Aussterben bedrohten Mittelmeerrobben – fok zu beobachten. Eine Robbe ist übrigens auch das Wappentier von Foça.




Pamukkale und Karahayıt


Die weißen Kalkterrassen von Pamukkale - Baumwollschloss in der Nähe von Denizli ,rund 400 km südöstlich von Izmir, entstanden durch die Aktivität uralter Thermalquellen und sind seit 1988 Teil des UNESCO-Weltnaturerbes. Sie bieten nicht nur einen überwältigen Anblick, ihr 30 Grad warmes Thermalwasser wurde bereits von den Römern in der Antike zur Heilung von Arthritis und Rheuma eingesetzt. Mittlerweile ist das Baden in den natürlichen Wasserbecken von Pamukkale untersagt; die Terrassen dürfen heute nur noch barfuß betreten werden, doch verschiedene Hotels bieten Badevergnügen in eigens dafür geschaffenen Thermalbecken an.

Das Dorf Karahayıt ist weitaus weniger bekannt und liegt doch nur gut 5 Kilometer von Pamukkale entfernt Auch hier sprudeln heiße Quellen, die Felsen sind jedoch von dem eisen- und schwefelhaltigem Wasser in knalligem Rot, Gelb und Grün gefärbt.


Buchtipp



Endstation Anatolien
Auswandern? Mit fast vierzig Jahren und zwei schulpflichtigen Töchtern? Und noch dazu in den Orient?
Das Morgenland lockt mit bunten Basaren, leuchtenden Farben, einem unvergleichlich blauen Himmel und geheimnisvollen mondbeschienenen Nächten. Doch wie ist das wirkliche Leben hinter dem Schleier der Illusionen?
Ein Buch, das das Leben schrieb!

Leseprobe aus dem Buch



Auf dem Basar
Ich stehe und staune über das bunte Treiben auf dem Basar. Das hier kann man nicht mit einem Einkaufsbummel in Deutschland vergleichen. Hier ist alles ganz anders! Fasziniert tauche ich in eine mir eigentlich völlig fremde Welt ein, die mir doch sogleich vertraut ist. Der Orient hat mich in seinen Bann geschlagen – mich aufgesogen, bis ich ein Teil von ihm wurde. Gierig nehme ich die verschiedenen Gerüche auf. Vor dem kleinen Laden baumeln getrocknete Auberginen und leuchtend rote Peperoni von der Decke – der Duft von Oregano mischt sich mit einem anderen – undefinierbaren. Von irgendwoher weht Kaffeegeruch herüber, der bekannte türkische Mokka, der in kleinen Tassen serviert wird und immer jede Menge Satz hinterlässt. Man dreht die Tasse geschickt um, indem man sie mit der Untertasse verschlossen hält. Es findet sich fast immer jemand, der aus dem Kaffeesatz zu lesen vermag.
Nebenan hängen vornehmlich in Rot und Gelb gehaltene Folklorekostüme, die vor allem Kinder bei Aufführungen und Volkstänzen zur Schau tragen. Eine nostalgische Erinnerung an längst vergangene Zeiten und das Osmanische Reich. Ich schlendere weiter. Hier in der Nebengasse des Basars von Kemeraltı ist das Gewühl nicht ganz so groß. 


Mein Ziel ist die alte Karawanserei, in der früher die Karawanen mit ihren Kamelen Rast gemacht haben. Heute sind kleine Geschäfte in den historischen Gemäuern untergebracht: Teppiche, Silberschmuck, Lederartikel, Keramik, Wasserpfeifen für die Touristen und noch so allerlei andere Geschenkartikel. Ich habe meine bestimmten Anlaufziele. In einem Silberladen bekomme ich erstmal einen Apfeltee angeboten, ich bin dort Stammkundin. Vielleicht kaufe ich heute ein paar Ohrringe, vielleicht tauschen wir uns nur aus. Die Ladenbesitzerin stammt aus Diyarbakır im Südosten des Landes. In einem ihrer Regale steht ihr Glücksbringer: ein Kobold aus Norwegen, das Geschenk einer zufriedenen Kundin aus Skandinavien. Die Karawanserei umrundet mit zwei Stockwerken einen großen Platz, auf dem man türkischen Kaffee, Tee oder köstliche hausgemachte Limonade trinken kann. Wer einen Cappuccino bevorzugt, ist in der Gasse rechts neben dem Gebäude bestens aufgehoben. Hier reiht sich ein Café neben das andere. Man sitzt wahlweise drinnen in orientalischem Flair oder draußen auf mit Kelims und Kissen geschmückten Bänken. Hinter der Karawanserei werden Fleischspezialitäten, unter anderem auch Döner angeboten.
Ich lasse mir zwei Dönertaschen für zu Hause einpacken und schlendere  nachdenklich Richtung U-Bahnstation. Man ist bemüht, die alten Häuser von Kemeraltı zu erhalten. Überall wird restauriert und verschönert. Viel zu lange wurde in anderen Vierteln abgerissen und neu gebaut. Hohe Häuser verschandeln die Uferpromenade, wo einst alte griechische Villen standen. Natürlich, die Stadt ist gewachsen, noch immer strömen Menschen aus dem ganzen Land in die Viermillionen-Metropole. Im Stadtteil Bayraklı entsteht – von vielen bestaunt - das Manhattan Izmirs: hohe Gebäudekomplexe mit viel Glas und Luxus, oftmals sogar mit eigenen Einkaufszentren. Ich hingegen freue mich über jedes unter Denkmalschutz stehende Haus.





©byChristine Erdic