In Deutschland ist die Sommersonnenwende
weniger bekannt und im Laufe der Zeit in Vergessenheit geraten. Doch unsere
Nachbarn im Norden, Westen und Osten zelebrieren sie einzigartig.
In Skandinavien ist Mittsommer
bzw. Midsommar ein fröhliches Fest mit Blumenkränzen, Tänzen und Lagerfeuer.
Diese Nacht um den 21, Juni steht für:
Lebensfreude und Licht
Die Verbindung zur Natur
Den Übergang vom Frühling in den Hochsommer
Dankbarkeit für Wachstum und Fülle
Häuser und Gärten werden zuvor mit Blumen
und Girlanden verziert, es wird gemeinsam gebastelt und ausgiebig gespeist, Blumenkränze
schmücken das Haar der Frauen und Mädchen beim Tanz um die Mittsommerstange
(„Midsommarstången“).
Bei dem Feuer wird eine Strohhexe mitsamt
ihrem Besen verbrannt, die so symbolisch auf den Blocksberg in den Harz
zurückgeschickt werden soll.
Richtig mystisch wird es rund um den Steinkreis in Stonehenge in der Nacht der Sommersonnenwende. Am 21. Juni erhebt sich die Sonne genau um 4 Uhr 45 hinter dem sogenannten „Heel Stone“ und wirft ihr Licht durch den Steinkreis ins Zentrum der Anlage. Dieser Moment markiert den Beginn des längsten Tages des Jahres.
Natürlich nehmen auch Druiden der Neuzeit an
den Feierlichkeiten teil. Dadurch wird die britische Sommersonnenwende zu einem
spirituellen bunten Fest aus Trommelkreisen, barfüßigen Tänzen und meditativen
Gesängen.
Sie beziehen sich auf die Elemente Wasser, Erde
und Feuer. Die Sommersonnenwende wird gerne an den Ufern von Flüssen gefeiert,
denen zu dieser Zeit eine heilende Wirkung nachgesagt wird. Mit Kerzen geschmückte
Kränze werden zu Wasser gelassen. Neben dem Sammeln von Kräutern und Beeren
begeben sich Menschen auf die symbolische Suche nach der „Farnblume“. Der
Legende nach soll diese mythische Pflanze nur in der kürzesten Nacht des Jahres
blühen. Wer sie findet, wird dem Glauben nach mit grenzenlosem Wissen belohnt.
Tipps für Daheimgebliebene :
Barfuß durch das Gras gehen und die Erde unter
den Füßen spüren
Wünsche auf kleine Zettel schreiben und um
Mitternacht dem Feuer übergeben
Einen Wunschstein bemalen oder verzieren und
im Garten oder in einem Blumentopf platzieren
Hier zwei kleine Geschichten für euch:
Das
Mittsommernachtsfest
Die Kobolde waren aufgeregt. Heute Nacht
sollte ein großes Fest stattfinden, das Mittsommernachtsfest. Schon Tage vorher
wurde eifrig gebacken. Jetzt musste noch der Platz geschmückt werden, überall
wurden Laternen und Girlanden aufgehängt.
Mutter hatte die letzten Blaubeerpasteten
aus dem Ofen geholt und sie mitsamt dem Blech zum Abkühlen auf das niedrige
Fensterbrett der kleinen Behausung gestellt.
Sie sah nicht den schwarzhaarigen Kopf mit
den spitz zulaufenden Ohren und auch nicht die kleine Hand, die gierig nach
einer Pastete griff.
„Au!“
Das war heiß! Mit einem schrillen Schrei ließ
der Kobold die Pastete zu Boden fallen und hüpfte von einem Bein auf das
andere.
„Nepomuck!“ Mutter kam aus dem Haus gelaufen
und schwang drohend das Nudelholz über dem Kopf. „Hast du dich verbrannt? Das
geschieht dir recht, wenn du nicht abwarten kannst bis das Fest beginnt! Was
bist du aber auch für ein Lümmel!“
Schuldbewusst schielte Nepomuck zu Boden.
Die schöne Pastete! Aber dann suchte er doch lieber das Weite.
Auf dem großen Dorfplatz stellten sie schon
die Tische und Bänke auf. Nepomuck machte sich nützlich und kletterte auf einen
Baum. Von dort aus gab er den arbeitenden Kobolden gute Ratschläge.
Die Eule, die auf dem Ast zu schlafen
versuchte, war verärgert.
„Schämst du dich nicht? Keiner ist so faul
wie du!“, schimpfte sie.
„Pfff…“, machte Nepomuck.
Das
war zu viel für die Eule und sie hackte den Kobold kräftig in den
Allerwertesten. Zufrieden sah sie zu, wie Nepomuck das Gleichgewicht verlor und
eine Etage tiefer auf dem Rasen landete. Dort stolperte zu allem Überfluss ein
älterer Kobold über ihn, der einen Krug mit Quellwasser transportierte.
„Hast du denn nichts anderes zu tun, als
hier faul rumzuliegen?“, meckerte er und rappelte sich mühsam auf.
Nepomuck rieb sich die Stirn, dort wuchs
ganz langsam eine dicke Beule. Der andere Kobold ging brummend davon, um neues
Wasser zu holen, denn sein Krug war jetzt natürlich leer.
,Das Beste wird sein, ich verkriech mich
irgendwo. Dann bin ich keinem im Weg‘, dachte Nepomuck und blickte sich suchend
um.
Da hinten war ein Heuhaufen, welch ein
Glück. Das war genau das Richtige und weich noch dazu. Der kleine Kobold
verschwand dahinter so schnell er konnte, lehnte sich mit dem Rücken gegen das
duftende Heu und war sofort eingeschlafen.
Er hörte nicht, wie man nach ihm rief. Er
hörte auch nicht den lustigen Koboldgesang und die zarte Elfenmusik. Er wurde
erst wach, als die anderen Koboldkinder um Mitternacht mit ihren Laternen um
den Platz gingen und jemand ihn rüttelte.
„Nepomuck!“
Verschlafen rieb er seine Augen und stand
auf.
„Ich habe Hunger“, sagte er.
Einer der Kobolde lachte: „Wir haben alles
längst aufgegessen, es gibt nur noch Limonade und Fichtennadelsud.“
Fichtennadelsud ist ein Schnaps für die
Erwachsenen. Nepomuck lief schnell zu den Tischen. Nicht eine Blaubeerpastete
hatten sie übrig gelassen, nicht mal einen Keks.
Traurig sah der kleine Kobold vor sich hin.
Schuld hatte er ja selber. Hätte er geholfen wie die anderen auch und sich
nicht gedrückt, dann wäre er nicht hinter dem Heuhaufen eingeschlafen sondern
hätte seinen Spaß gehabt. Über ihm kreiste schadenfroh die Eule.
„Nepomuck, da bist du ja! Wir haben schon
überall nach dir gesucht!“
Seine Mutter trug ein Tablett und darauf
lagen drei Blaubeerpasteten. Nepomuck traute seinen Augen nicht.
„Ich weiß doch, wie gern du die isst“,
lachte Mutter.
Es gibt Momente im Leben eines Kobolds, die
sind unbezahlbar. Und dies war einer davon. Mit leuchtenden Augen griff
Nepomuck zu.
„Danke, Mutter …“, nuschelte er mit vollem
Mund. „Beim nächsten Fest werde ich fleißig mit zupacken, das verspreche ich
dir!“
Mutter strich ihm mit einem zufriedenen
Lächeln über den Kopf mit dem zerzausten Haarschopf. Sie war sich ganz sicher:
der kleine Kobold hatte seine Lektion gelernt.
Aus dem Kinderbuch „Geschichten aus dem
Reich der Hexen, Elfen und Kobolde“.
Mittsommernachtsfest
Schon früh am nächsten Morgen beginnen die
Vorbereitungen für das große Fest. Ja, endlich ist es soweit, am Abend steigt
das Mittsommernachtsfest. Wir sind schon ganz ungeduldig und beobachten voller
Spannung unsere kleinen Waldbewohner, wie wir sie jetzt nennen. Die laufen
emsig hin und her und schmücken die Lichtung mit Girlanden und Lampions.
Baumstümpfe werden herbeigeschleppt. Die sind doch viel zu schwer für die
Kobolde. Wir bieten unsere Hilfe an und werden gleich mit eingespannt. Eine
Gruppe von Kobolden studiert etwas abseits Kunststückchen ein. Aus den kleinen
Häuschen weht der köstliche Duft von Plätzchen herüber.
Mein Magen knurrt vernehmlich, aber an
Frühstück scheint heute niemand zu denken.
Jeder ist mit irgendetwas beschäftigt, sogar
die Kleinsten helfen schon fleißig mit.
Endlich werden Kekse und Saft verteilt. Am
Abend wollen wir Würstchen grillen, mal sehen ob unsere Kobolde die mögen. Bis
jetzt haben wir niemanden Fleisch essen sehen. Es gab nur Gebäck und Früchte.
Das Fest beginnt mit einem großen
Fressgelage, bestehend aus kleinen Kuchen, Keksen, Plätzchen, mit Waldbeeren
gefüllten Pasteten, süßer Grütze, Honigwein, Brombeersaft und natürlich ...
„Fichtennadelsud!“, stöhnt Vater, der die kleinen Gläschen zuerst entdeckt hat.
Aber alles schmeckt wirklich lecker, das
muss dann auch Vater zugeben. Nur unsere Würstchen kommen nicht recht an. Wir
müssen sie alleine essen. Wenige Kobolde probieren davon und spucken den ersten
Bissen gleich wieder aus. „Das ist nicht
das Richtige für unsere zarten Geschmacksnerven, müsst ihr wissen“, stellt
Nepomuck mit gerümpfter Nase bedauernd fest und wendet sich schmatzend wieder
seiner Waldmeistergrütze zu.
Nachdem der größte Hunger gestillt ist,
beginnt eine Koboldkapelle zu spielen. Koboldmädchen führen eine Art Volkstanz
auf, und die Akrobaten zeigen ihre Kunststückchen. Sie tanzen auf den Seilen
zwischen den Bäumen, schlagen Rad und machen allerlei Komisches. Zwischendurch
wird getanzt, gesungen und natürlich weitergegessen. Vater filmt mit seiner
Kamera. Inzwischen zeigen Honigwein und Fichtennadelsud erste Wirkungen. Einige
Kobolde liegen lallend auf der Wiese, bei anderen haben sich die Zungen
buchstäblich verhakt. Sie versuchen komische Laute zusammenzustückeln und
schütteln hilflos den Kopf. Wieder andere balgen sich in einem bunten Knäuel
auf dem Boden. Dazwischen tummeln sich Kinder, und Babys schlafen auf dem Schoß
ihrer Mütter einfach ein. Nelly kommt zu mir gekrabbelt und lehnt sich an meine
Schulter. Sie brabbelt etwas und saugt zufrieden an ihrem Schnuller. Mit ihren
großen dunklen Augen betrachtet sie die Kobolde auf der Tanzfläche.
Plötzlich wird es dämmrig, nur für kurze
Zeit. Aber das ist der Höhepunkt des Festes. Raketen werden in den Himmel
geschossen und versprühen ihre leuchtende Pracht in allen Farben. Rings um den
Platz werden Fackeln entzündet, und in den Bäumen erglühen bunte Lampions. Die
Kinder bekommen Laternen in die Hände gedrückt und starten ihren Umzug rund um
das Festgelände. Wieder spielt die Kapelle, und spätestens jetzt wacht auch der
letzte Kobold aus seinem Rausch auf. Es ist Mittsommernacht! Am Nordkap geht
die Sonne heute nicht unter! Leute, das muss gefeiert werden! Heute siegt das
Licht über die Dunkelheit, der Tag über die Nacht! Wer will da noch schlafen?
In der Mitte des Platzes wird ein großes Feuer entzündet, alle tanzen darum
herum und werfen kleine Wunschzettel in die Flammen. Heute werden sich alle
Wünsche erfüllen, ob groß, ob klein.
Das Fest dauert die ganze Nacht, die
eigentlich keine ist, bis in den Morgen. Dann sammeln die Frauen den Morgentau
in kleinen Fläschchen. Später werden sie diesen Tau für ihre Medizin verwenden.
Nur ein paar Tropfen des edlen Taus, gesammelt an diesem besonderen Morgen,
wirken wahre Wunder, sagt man. Sie sind Heilmittel und veredeln zudem jeden
Kuchen. Das hat uns Nepomuck zuvor erzählt. Das Kostümfest bei den Kobolden war
schon wunderbar, aber das Mittsommernachtsfest ist einfach überwältigend.
Schade, dass es schon wieder vorbei ist!
Aus dem Kinderbuch „Nepomucks Abenteuer“
https://buchshop.bod.de/nepomucks-abenteuer-christine-erdic-9783837010046
©byChristine Erdic
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